Kennen Sie die Umfragewerte zum nachhaltigen Reisen? Die überwiegende Mehrheit der Deutschen befürwortet einen umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Reisestil – hält sich aber selbst nicht dran. Ein langjähriger Öko-Hotel-Betreiber antwortete auf die Frage, was den Unterschied zwischen den damaligen und den heutigen Gästen ausmache: „Die heutigen Gäste wollen zu 100% bio und regional essen und legen viel Wert auf Umweltschutz, reisen aber mit Autos an, die drei Mal so viel Sprit verbrauchen als nötig.“
So schonend mit den Ressourcen umgehen, dass sie auch den Nachkommen noch erhalten bleiben – das besagt die Definition von Nachhaltigkeit. Und mit Ressourcen kann vieles gemeint sein: Der Wald, die saubere Luft oder die nicht von Menschen umgestaltete Natur. Alles Dinge, die wir als Reisende besonders schätzen. Vielleicht auch, weil sie daheim nicht mehr ganz so intakt sind. Kurzum – Orte, die einst vom Tourismus links liegen gelassen wurden, weil sie zu wenig Action boten, liegen heute voll im Trend und machen aus der einstmaligen Not eine Tugend. „Kommen Sie zu uns, wir haben nichts.“ lautete der ironische Slogan des Osttiroler Villgratentals zum Beispiel, das sich heute als Bergsteigerdorf einer wenig berührten Natur erfreuen kann.
Auch andere Destinationen haben schon früh auf Nachhaltigkeit gesetzt – bevor es zum Marketing-Repertoire gehörte und schick war. Im Salzburger Land ist die Gemeinde Werfenweng dafür ein leuchtendes Beispiel. Bereits 1994 entwickelte sie ein Mobilitätskonzept, das seither oft kopiert und in Teilen nachgeahmt wurde. SAMO nennt es sich – sanfte Mobilität – und animiert Besucher dazu, ihr Auto im Urlaub stehen zu lassen oder gleich öffentlich anzureisen. Was man dafür bekommt? Eine ganze Menge. In Werfenweng hat man die Auswahl zwischen einer Flotte an Spaßfahrzeugen (dazu gleich noch mehr), E-Bikes, einem Wander- und Fahrradtaxi und Elektroautos. Busfahrten zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten werden ebenfalls organisiert, d.h. die Eisriesenwelt (das weltgrößte Eishöhlen-System) und die Festung Hohenwerfen (samt beeindruckender Greifvogel-Flugshow) sind ebenfalls ohne Auto zu erreichen. Neu seit dieser Saison sind die SVV-Tickets, die gratis Bus- und Bahnfahrten im gesamten Salzburger Land ermöglichen. Die Kosten für eine solche SAMO-Karte: 10 Euro pro Aufenthalt. Und die Nächtigung muss in einem SAMO-Betrieb erfolgen, worunter allerdings rund zwei Drittel aller Unterkünfte in Werfenweng fallen.
Eine solche Mobilität eröffnet neue Möglichkeiten, die mit einem Auto nur umständlich oder gar nicht zu verwirklichen sind. Da wären zum einen Überschreitungen oder Streckenwanderungen, zu denen das mächtige Tennengebirge einlädt, an dessen Fuß sich Werfenweng angesiedelt hat. Ein Chauffeur – der „E-LOIS“ – steuert alle Ziele innerhalb des Ortes an und ist deshalb auch nach langen auswärtigen Abenden interessant, wenn man wieder zurück ins Hotel möchte. Die sehr beliebten E-Bikes erweitern den Ausflugsradius enorm und ersparen einem das Mitnehmen eigener Räder. Für größere Ausflüge, etwa nach Salzburg, bringt einen das W3-Shuttle zum Bahnhof.
Die Spaßmobile dienen mehr dem Vergnügen als der Mobilität und sind aufgrund ihrer Beliebtheit auch nur jeweils 30 Minuten zu haben. Aber selbst damit kann man sich den eine Weile verlustieren und zwischen Velo-Taxi, Twizy, Golfcar, Segway, Jetflyer und einem Gaudirad, auf dem sieben Personen Platz finden, abwechseln.
Dabei – wenn man ganz ehrlich ist – bräuchte es nichts davon. In Werfenweng ist so ziemlich alles fußläufig erreichbar, und das Freizeitangebot, das einem die Natur in nächster Nähe macht, ist so überzeugend, dass man ohne Probleme ein paar Wochen am gleichen Fleck verbringen kann. Im Rücken das mächtige Tennengebirge, der Blick über das Tal auf den imposanten Hochkönig gerichtet, daneben noch das Hagengebirge – es gibt nur wenige Bergdörfer mit einem solch umfassenden und umwerfenden Bergpanorama. Für sanfte Betätigungen gibt es den Spazierhimmel: eine rund 6 km lange Spazierstrecke mit mehreren Stationen, zum Beispiel einem offiziellen Lagerfeuerplatz – der Hit für Familien. Kinder sind auch im Freizeitpark Wengsee (mit Rutsche und Sprungturm, freier Eintritt mit SAMO-Card) gut aufgehoben. Die Dr.-Heinrich-Hackl-Hütte ist mit 550 Hm in knapp 1,5 Stunden auch für weniger Geübte ein Highlight und Gleitschirmfreunde finden mit der Bischlinghöhe sowieso ihren Himmel. Schlechtwetteralternativen sind das Landes-Skimuseum oder das Freiluftmuseum 7 Mühlen in Pfarrwerfen.
Da kann man nur sagen: Alles richtig gemacht. Oder auch: Glück gehabt. Denn eine solche Umgebung hat man – oder eben nicht. Möge der Ort seine Natürlichkeit behalten und auch in Zukunft nicht auf neumodische Alpen-Kitsch-Ideen verfallen, wie sie allerorten aus dem Boden sprießen ...
Übernachtungstipp: Das ****S-Hotel Travel Charme Bergresort Werfenweng fügt sich mit seiner Holzverkleidung angenehm in die Landschaft ein und widersteht damit jedem Hang zum Protz. Den schönen Zimmern stiehlt die Berg-Aussicht die Show, die auch ein Schwimmen im Pool zum besonderen Erlebnis machen. Besonders sympathisch sind die langen Öffnungszeiten des Wellnessbereichs. So kann man noch vor dem Frühstück oder auch nach dem Abendessen noch seine Runden drehen – mit etwas Glück ganz ungestört.
Reiselektüre:
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von Solveig Michelsen
Diese Reportage wurde zum Teil unterstützt vom Travel Charme Bergresort Werfenweng.