Trampeln, Trommeln und Trompeten! Und dazu das ohrenbetäubende Geschrei von den Rängen, wenn einer der Kämpfer röchelnd zu Boden ging. Metall blitzte in der Sonne, Staub wirbelte auf. Der Kaiser fächelte sich mit einem Taschentuch Luft zu; mit demselben weißen Stofffetzen, mit dem er über Leben und Tod richtete. Meistens überließ er die Entscheidung großmütig seinem Volk: Senatoren und Tagelöhner, Adelige und Sklaven genossen die Macht, den unterlegenen Gladiator durch den Ruf „Iugula“ („Stich ihn ab!“) vom Leben zum Tode zu befördern, selten auch mit dem gezischelten „Missum“ Gnade walten zu lassen. Gladiatoren waren hervorragend ausgebildete, kampferprobte Männer, die auf der Sozialskala allerdings noch unter den Sklaven rangierten. Der Sieger erhielt einen Lorbeerkranz, Geld und Geschenke, etwa die Gunst einer schönen Dame, und die Gewissheit, bei einem der nächsten Kämpfe draufzugehen. Mit dem gigantischen Arkadenbau des Kolosseums wollte sich Kaiser Vespasian, Nachfolger des grausamen Nero, beim Volk beliebt machen und inszenierte Brot und Spiele, wie es auch heutige Staatsmänner gern mit Fußball-WMs oder Olympischen Spielen tun. Was Vater Vespasian 72. n. Chr. begonnen hatte, weihte sein Sohn und Thronfolger Titus nach sensationeller Bauzeit von nur acht Jahren ein. So lange brauchen heutige Großbauten wie der Flughafen BER allein für die Planungsphase. Auch technisch war der kolossale Bau ein Meisterwerk. Rund 50 000 Zuschauer fanden hier Platz; den römischen Eliten standen die ersten drei Ränge zu, Frauen, Sklaven und Plebejer drängten sich auf der obersten Holztribüne unter Sonnensegeln. Noch heute kann man im Fundament des Baus die raffinierten unterirdischen Gänge, Falltüren, Laufkäfige und Aufzüge für die wilden Tiere sowie die Umkleidekabinen und Waffenräume für die Kämpfer sehen. Extrem gut ausgetüftelt waren auch die Sicherheitsvorkehrungen: Im Notfall, etwa bei Brand, konnte die Arena in fünf Minuten über die 80 Ein- und Ausgänge geräumt werden. Heute ist das Kolosseum nicht nur der größte Magnet Roms mit über 5 Mio. Besuchern, sondern auch ein stolzes Monument gegen die Todesstrafe. Seit 1999 wird das Bauwerk jedes Mal in grünes Licht getaucht, wenn diese in einem weiteren Staat abgeschafft wird. Wer es tagsüber nicht ins grandiose Amphitheater geschafft hat, schafft es vielleicht, eine der raren nächtlichen Führungen „La Luna sul Colosseo“ zu buchen.