TourismusSaudi-Arabien 2030: Eine Vision des Wandels
Saudi Arabien stand dieses Jahr im Mittelpunkt der ITB–Berlin. Angeführt von Seiner Exzellenz Ahmed Al-Khateeb, dem Minister für Tourismus, zeigt der Golfstaat der Welt seine Vorstellung vom Tourismus der Zukunft und wie sich die Kräfteverhältnisse auf dem Markt ändern dürften.
2016 wurde auf der Weltkarte ein neues Stück Erde sichtbar. In diesem Jahr stellte der junge saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman seine sogenannte Vision 2030 vor – Teil des ambitionierten Reformpakets ist eine beispiellose Tourismus-Offensive. Was lange hinter Grenzen und Visarestriktionen nur einem streng ausgewählten Publikum zugänglich war, wird nun einem Großteil der Welt angeboten. Ja, mehr noch, der Golfstaat ruht sich nicht auf UNESCO-Welterbe wie Diriyya, der Altstadt von Dschidda oder den Felszeichnungen in Ha’il aus, sondern schafft Neues, wohin das Auge blickt.
Saudi-Arabien, das Land des Öls, hat seinen Ruf gewandelt – ganz so, wie es das Ziel des pionierhaften Prinzen Bin Salman und der Vision 2030 ist. Grundsätzlich geht es darum das Land wirtschaftlich breiter und nachhaltigkeitsbedacht aufzustellen und so in eine sichere und ölunabhängige Zukunft zu führen. Damit einher gehen soll ein Imagewandel: das Königreich möchte sich offen, liberal und futuristisch zeigen. Der einst verschriene Golfstaat wird von innen heraus reformiert werden und damit mehr internationales Gewicht bekommen. Fokussiert auf die Kernaspekte Kultur, Sport und Tourismus, kann der Konjunktiv mittlerweile schon getrost beiseitegelassen werden, denn der Wandel ist bereits in vollem Gange, die Ergebnisse sichtbar. Wer den Kronprinz verfolgt, weiß, er prescht gerne voran, steckt Latten und Ziele immer höher. Wo einst Dubai durch Rekorde glänzte, hört man nun immer öfter Saudi-Arabien. Bin Salman gleicht einem jungen Hengst, der der Welt zeigen will: Veränderung liegt nicht in der Zukunft. Sie ist jetzt:
In dem einst erzkonservativen Land gibt es keine Verschleierungspflicht für Frauen mehr, sie dürfen Auto fahren, Fußball spielen und studieren. Das Kino- und Konzertverbot wurde aufgehoben und so gaben sich bereits internationale Superstarstars wie Justin Bieber, die Black Eyed Peas oder David Guetta die Ehre eines Auftritts. Religiös konnotierte Städte wie Jeddah blühen mit Street Art und öffentlicher Kunst auf, Kunstikonen wie Picasso und Van Gogh können in riesigen immersiven Ausstellungen bewundert werden. Cristiano Ronaldo spielt für den Al Nassar FC - auch den Zuschlag für die WM 2034 hat man schon in der Tasche.
Lange Zeit stand Saudi-Arabien als Reiseland auf der roten Liste. Die strikte Interpretation des Wahhabismus, die dominante Rolle der religiösen Polizei, die regelmäßige Ausübung der Todesstrafe, aber auch junge Schlagzeilen wie der grausame Mord an Journalist Jamal Kashoggi brachten das Land im Westen in Verruf.Das hat sich seit der Corona Pandemie verändert. 2019 öffnete der Golfstaat mittels e-Visa seine Türen für Menschen aus 49 Ländern und was zuvor Pilgern und ausgesuchten Geschäftsleuten vorbehalten war, wurde Millionen von Menschen möglich gemacht: Eine Reise in den Golfstaat. Mit klarer Vision positioniert man sich auf dem internationalen Tourismusmarkt im Bereich des Luxus- und Öko-Segments. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, bedient sich der Kronprinz nicht nur an europäisch gefragter Kunst a la Picasso, sondern auch der Hilfe von internationalen Star-Architekten, wie dem Japaner Kengo Kuma und Foster and Partners für das Red Sea Project – eine zukünftige Luxusenklave an der saudischen Westküste, die als „ehrgeizigstes, umweltfreundlichstes Tourismusprojekt der Welt“ gilt. Auch ein Deutscher ist mit an Bord: Der 85-jährige Eckhard Gerber ist für den Bau einer gigantischen Parkanlage in Riad verantwortlich, die - siebenmal größer als der Englische Garten - alle bekannten Dimensionen sprengen soll.
Dann ist da natürlich noch das gigantische Projekt NEOM, das den Traum einer dystopischen Zukunftsstadt mit nachhaltigen Technologien und erneuerbaren Energien in die Wirklichkeit führen soll. Geplant sind in Summe vier Städte, allen voran steht The Line, eine schnurgerade, autolose Metropole in der Wüste, die mit 200m Breite und 170km Länge ihrem Namen alle Ehre macht. Finanziert wird die Vision 2030 durch die Einführung der Mehrwertsteuer und den hauseigenen Staatsfonds und so scheint der Kurs voll auf Erfolg zu stehen – zumindest wenn man den Zahlen glauben darf. Vor acht Jahren steckte Bin Salman das Ziel bis 2030 100 Millionen in- und ausländischen Touristen Schönheit, Kultur und Aufbruchstimmung seines Landes zu zeigen. Diesen Meilenstein hat er bereits im Vorjahr (2023) erreicht, im Vergleich zu 2019 stiegen die Zahlen um 56%.
"Diese Ankündigung zeigt das Ausmaß der Veränderungen, die wir seit der Einführung der nationalen Tourismusstrategie vor fünf Jahren vollzogen haben", kommentierte Ahmed Al Khateeb den Meilenstein. Gefeiert wurde auf der diesjährigen ITB und nun kann höher gegriffen werden: Bis 2030 sollen die Marke von 150 Millionen Touristen überschritten werden.
Autorin: Lea Katharina Nagel