Unsere AutorenSabine Barth
Sabine Barth ist für DuMont Reise unterwegs in Island und Grönland.
Autorin der DuMont-Reiseführer:
Was hat Sie zum Reisen und Schreiben gebracht?
Ich reise aus Neugier, auf jeden Fall heute. Früher, weil man/frau reiste. Schreiben ist keine Berufung bei mir, sondern das Ergebnis eines Prozesses. Zu Beginn waren es Texte für die Programmhefte und Theaterzeitungen der Theater, an denen ich arbeitete. Später kamen andere Texte dazu, z.B. für den Rundfunk und auch erste Reiseartikel. Außerdem hielt ich zusammen mit meinem Freund Vorträge über Island und Grönland an Bildungseinrichtungen.
Wie kam es zu Ihrem ersten Reiseführer bei DuMont?
Im Grunde könnte ich beginnen mit: Es war einmal. Es war einmal eine Reihe, die hieß „Richtig wandern“, Ende der 1980er-Jahre erschienen. Also schrieb ich an den Verlag und schlug zwei mögliche Titel vor: zum einen Island und zum anderen Grönland. In beide Länder reiste ich seit Anfang der 1980er-Jahre und war vor allem viel dort gewandert, mehrtägige bis mehrwöchige Touren. Ich bekam eine Antwort, abschlägig, aber zugleich verbunden mit einem Terminvorschlag, um sich über einen eventuellen Grönland-Titel in der damaligen Reihe „Richtig Reisen“ zu unterhalten. Ich führte mehrere Gespräche mit dem damaligen Cheflektor Frank Rainer Scheck und dem ehemaligen Lektor Hans-Günter Semsek, aber da es einen bestehenden Vertrag für einen Grönland-Band gab, kam das Projekt nicht zustande. Etwas später bot man mir die Mitarbeit an dem Grönland-Band an, ich sollte entsprechende Ausflüge etc. ergänzen. Ein flapsig ausgesprochener Satz, „Hätte ich das in Island gewusst, hätte ich schon dort beginnen können“, brachte mir das Angebot, ein Reise-Taschenbuch Island zu schreiben. Und dieser Band erschien dann 1993.
Was interessiert Sie am Reiseführerschreiben?
Ziemlich alles: Die Recherchen und die damit einhergehenden Kontakte und Begegnungen, die Umsetzung, das Schreiben selbst, der Prozess der Herstellung, die Gespräche mit Lektoren und Redakteuren, die anschließende Freude über das fertige Buch und vor allem die Freude, wenn ich Reisende mit dem Buch im jeweiligen Land sehe.
Natürlich ist die Aufgabe, einen Sachtext bzw. eine Bedienungsanleitung für ein Land lesbar zu formulieren, ausgesprochen reizvoll.
Welche Beziehung haben Sie zu Island und Grönland?
Zu beiden Ländern habe ich starke emotionale Beziehungen. Damit meine ich nicht zu einzelnen Menschen, sondern zu den Landschaften, den Kulturen, der Geschichte und natürlich den jeweiligen Bewohnern. Beide Länder faszinieren mich und es ist spannend, die jeweiligen Entwicklungen und Veränderungen zu sehen. Besonders die gesellschaftlichen Prozesse sind so vielschichtig. Wer sich für die unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels interessiert, findet in Grönland geradezu ein ‚Lehrbuch’ vor. Welche Konsequenzen das für die Bevölkerung hat, erlebt man auf einer Reise dorthin.
Zu der Zeit, als ich mit dem Reiseführerschreiben begann, hatte ich z.B. in Island schon Kontakte zur Kulturszene. Diese entwickelten sich weiter, und es ist und war ideal, dass ich so viel über die Landschaft und Natur des Landes weiß und sie unmittelbar erlebt habe. In Island habe ich zudem zwei Jahre gelebt und gearbeitet.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Inhalte Ihrer Reiseführer aus?
Es muss mir gefallen, denn schließlich bin ich die erste „Reisende“ für diesen Reiseführer und bin auch ansonsten eine Reisende. Natürlich gibt es die „musts“, aber ich bin auch dazu übergegangen, nicht alles, was hipp ist, zu erwähnen. Z.B. gibt es ein kleines Lokal spezialisiert auf Hummersuppe. In vielen Magazinen, Zeitungen und Büchern steht es als der Tipp, aber die Suppe schmeckt scheußlich, ich würde sie niemandem empfehlen. Somit steht die Adresse nicht in meinen Büchern, warum auch. Aufgrund meiner jahrelangen Erfahrungen weiß ich nicht nur, wie man als junger Mensch reist und was einem gefällt – das hat sich von Generation zu Generation kaum geändert -, sondern weiß auch, was man zusätzlich oder alternativ im fortgeschrittenen Alter schätzt.
Was packen Sie in Ihren Koffer, wenn Sie nach Island oder Grönland fahren?
Für Island grundsätzlich einen Badeanzug und ein, zwei elegante Kleidungsstücke für Abendveranstaltungen, vor allem in der Zeit vom Herbst bis Frühjahr. Für Grönland ein Mückenmittel, doch meistens vergesse ich es, was mir nach den ersten Stichen wieder einfällt.
Ansonsten sind die Inhalte gleich: Outdoorbekleidung, feste Schuhe, Regensachen, Zelt und Schlafsack, Sonnenbrille, Sonnenschutz.
Was ist in Ihrem Koffer, wenn Sie aus Island oder Grönland zurückkommen?
Landestypisches Leckereien wie Süßigkeiten aus Island, Lachs oder Honig aus Grönland packe ich immer in den Koffer. Meistens kaufe ich mir in Island auch etwas von einem örtlichen Designer, natürlich Schuhe von KRON by KRONKRON … Aus Grönland bringe ich mir gerne Schmuck mit oder etwas aus Robbenfell wie ein Stirnband. Für meine Arbeit an den Reiseführern packe ich – ziemlich altmodisch – Broschüren und Papiere ein. Natürlich kaufe ich auch regelmäßig Bücher in den Ländern, z.B. Romane, die bisher noch nicht auf Deutsch erschienen sind, und Sachbücher.
Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?
Auch auf Recherchereisen gibt es die Momente, in denen ich nicht recherchiere, sondern einfach den Aufenthalt vor Ort genieße. Die Momente, in denen man das Knacken der Eisberge hört, die unterschiedlichen Farben je nach Sonnen- oder Wolkenstand sieht, die mystische Atmosphäre an verhangenen Tagen auf sich wirken lässt. Gerade diese Eindrücke und Gefühle sind so wichtig, um die Faszination für das Land zu beschreiben.
Zuhause sortiere ich die Unterlagen und Notizen, schaue mir regelmäßig die Bilder an, um meine Erinnerungen wieder erstehen zu lassen. Dann kommt der Zeitpunkt der Korrekturen und Neufassungen, ein etwas spröder Vorgang, die zwanzigste Telefonnummernänderung ruft dann nicht mehr die Glücksgefühle hervor. Spätestens jetzt ist es wieder notwendig, in die Bilder abzutauchen.
Ihr schönstes Erlebnis während der Recherche?
Für den Grönland-Reiseführer war ich in Südgrönland unterwegs, u.a. übernachtete ich bei einem Schafsfarmer, seine Frau Hendrine vermietete einige Zimmer. Sie spricht ausgezeichnet Englisch und erzählte mir viel über die Schafszucht und ihre Familie. Den Nachmittag verbrachte ich draußen auf einem Felsen, genoss den Blick nach Narsarsuaq und schlief in der Sonne. Zum Abendessen wurde ich mit einer Überraschung empfangen, denn sie hatten erfahren, dass mein Geburtstag war. Der Tisch war mit kleinen Fahnen dekoriert, alle gratulierten mir, und der Hausherr Jørgen hatte besondere Brötchen für mich gebacken.