Unsere AutorenPetra Juling

Quelle: © Petra Juling

 

Petra Juling ist für DuMont Reise unterwegs in England, Wales und Schweden.

Was hat Sie zum Reisen und Schreiben gebracht?

Vielleicht ist es kein Zufall, dass mein Urgroßvater Lokomotivführer war? Auf jeden Fall bin ich immer gern gereist, besonders gern und in letzter Zeit wieder öfter auf der Schiene. Schon im Schüleraustausch verfiel ich der Britischen Insel, als Anglistikstudentin reiste ich auf den Spuren von Shakespeare, Shelley und Dylan Thomas nach England und Wales. 

Später lockte der Ruf der Wildnis, es zog mich immer wieder im Sommer mit Auto, Zelt und Kanu zum Radfahren und Paddeln oder einfach nur Naturgenießen in die schwedischen Wälder. Geschrieben habe ich unterwegs schon immer und das Erlebte in Reisetagebüchern festgehalten, abends im Schein der Mitternachtssonne oder wegen der Mücken lieber im Zelt beim Licht der Taschenlampe… Als ich dann nach vielen Lehr- und Wanderjahren und nach dem Studienabschluss in Anglistik und Kunstgeschichte auf Jobsuche in der Verlagsbranche ging, hatte ich zuerst nicht an Reiseführer gedacht, doch es ergab sich so: Ich fing in einer kleinen Kölner Reiseredaktion an, arbeitete dann freiberuflich als Übersetzerin und Lektorin, schließlich auch im DuMont-Reiseführerlektorat.

Wie kam es zu Ihrem ersten Reiseführer bei DuMont?

Für einen kleinen, heute nicht mehr bestehenden Verlag hatte ich schon einen Normandie-Reiseführer verfasst, als mich der damalige DuMont-Cheflektor ansprach, ob ich über die Kanalinseln schreiben wollte; ich sagte begeistert zu, denn die wunderschönen Inseln zwischen England und Frankreich waren schon lange meine Lieblingsreiseziele. Den Vertrag für das Reise-Taschenbuch unterschrieb ich 1992. Vor Kurzem, fast genau 20 Jahre danach, kam das DuMont Direkt Kanalinseln auf den Markt, ein besonders erfreuliches Jubiläum.

Was interessiert Sie am Reiseführerschreiben?

Das Schönste am Reisen ist für mich das Eintauchen in eine andere Sprache und Kultur, ein Land “von innen” zu erleben finde ich ungeheuer spannend. 

So eröffnet sich auch ein neuer frischer Blick auf das eigene Herkunftsland, gerade England und Schweden sind sehr aufschlussreiche “Vergleichs-Modelle”. Was mir am Schreiben von Reiseführern am meisten gefällt, ist die Herausforderung, sich mit einer Vielfalt von Themen zu beschäftigen, ob Kulinarisches und Reisepraktisches, ob Musik, Literatur, Geschichte oder Natur. Manches muss ich mir erst erarbeiten, aber das lässt mich stets Neues und Spannendes entdecken. Diesen Blick über den Horizont versuche ich anderen Menschen, meinen Lesern, zu vermitteln.

Welche Beziehung haben Sie zu “Ihren” Reisezielen?

Wie das bei langjährigen Beziehungen so ist: Auch was man gut zu kennen glaubt, ist immer wieder für Überraschungen gut. Die rosa Brille hat man abgelegt, kleine Fehler und Schwächen sind bekannt, tun aber der Liebe keinen Abbruch. So gehe ich mit immer neuer Begeisterung und voller Erwartung auf die Recherche. In “meinen” Ländern fühle ich mich gut aufgehoben. England, Wales ebenso wie Schweden sind mir zur zweiten, dritten, vierten Heimat geworden. Stockholm ist für mich die schönste Hauptstadt der Welt …

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Inhalte Ihrer Reiseführer aus?

Ich überlege, was meine Leser interessieren könnte. Deshalb freue ich mich, wenn Leser mir ihre Erfahrungen berichten und versuche diese mit einzubeziehen. Klar, dass ich die Attraktionen nicht auslasse, die man einfach gesehen haben muss. Aber die kleinen Entdeckungen, die man so nebenbei macht, sind besonders wertvoll, oft Hinweise, die sich in Gesprächen mit Einheimischen oder anderen Reisenden ergeben. Darum lasse ich mich auf der Reise manchmal einfach treiben. Bei der Auswahl der Adressen sind mir Luxushotels und Sterne-Restaurants weniger wichtig als kleinere Häuser mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, wo auch die Atmosphäre stimmt und man sich zu Hause fühlen kann.

Was waren Ihre beeindruckendsten Erlebnisse während der Reise?

  • Eine Einladung zum Surströmmingsfest in Nordschweden: Die Wirtin entschuldigte sich schon bei der Buchung am Telefon für den Geruch im Haus; dann lud sie uns einfach zum sauren (vergorenen) Hering mit neuen Kartoffeln ein, und wir hatten einen tollen Abend auf einer Holzveranda am Wasser mit vielen gesprächigen, warmherzigen Nordschweden und ein unvergessliches kulinarisches Erlebnis. Das flaue Gefühl im Magen am nächsten Morgen kann auch am Akvavit gelegen haben.
  • Als wir einmal an der Nordküste von Cornwall per Motorroller unterwegs waren und von einem Hurrikan regelrecht vom Campingplatz geweht worden waren, erfuhren wir echte englische Gastfreundschaft, und das in der größten Feriensaison zum Bank Holiday, als eigentlich alles ausgebucht war. In einem Bergwerksort kamen wir in die liebevolle Obhut einer Bed-and-Breakfast-Wirtin, die uns mit einem dampfenden Pott Tee und selbstgebackenen Scones verwöhnte und ihr Bad zum Trocknen der nassen Sachen zur Verfügung stellte.
  • Die Begegnung mit dem Seigneur of Sark, damals dem letzten Feudalherrn Europas, Herr über die Kanalinsel Sark und mit zahlreichen Privilegien ausgestattet. Er erwies sich als ein ganz reizender Herr, der mir seinen zauberhaften Garten zeigte und dabei über alles Mögliche plauderte, über seine Pläne für die Verschönerung der Anlage und den Alltag auf einer kleinen Insel. So unspektakulär hatte ich mir einen Feudalherrscher nicht vorgestellt…

Was packen Sie in Ihren Koffer, wenn Sie nach Südengland, Wales oder Schweden fahren?

Auf jeden Fall Belegexemplare der Bücher, ansonsten nur das Nötigste, ich versuche das Gepäck stetig weiter zu reduzieren, jedenfalls auf dem Hinweg. Leicht und nützlich: eine Auswahl Kräuterteebeutel, Kamille oder Ingwer, gut gegen Reisestress und für den Magen. Man weiß ja nie, wie der Restaurant-Test ausfällt.

Was ist im Koffer, wenn Sie zurück kommen?

Immer noch kiloweise Papier und Infomaterial. Aus Schweden bringe ich gern etwas Schönes für Haus und Heim (Design!) mit, aus England und Wales etwas zum Anziehen, bequeme Schuhe oder Regenklamotten; auch geht nichts über walisische Wolle, leicht und warm.

Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?

Direkt ab ans Wasser und die Füße kühlen, ausgedehnte Fußmärsche gehören zu den anstrengenden Dingen in meinem Job. Am Meer sitzen und Ebbe und Flut zusehen. Shoppen, bis der Koffer voll ist, gern in Secondhandläden, Musik-CDs oder Bücher…

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