Unsere AutorenHans-Joachim Aubert
Hans-Joachim Aubert ist für DuMont Reise unterwegs in Indien, auf der Halbinsel Yucatán und auf Mallorca.
Was hat Sie zum Reisen und Schreiben gebracht?
Meine Reiselust ist wohl angeboren. Bereits als Vierjähriger versuchte ich auf „Wanderschaft“ zu gehen, kam damals allerdings nicht weit – ganz so wie die beiden Ameisen im Gedicht von Ringelnatz. Das jedoch änderte sich mit der Studienzeit. Fahrten durch Griechenland, die Türkei, die USA, Mexiko und Südamerika füllten die Semesterferien. Erste Reisereportagen entstanden, und die Kamera wurde ständiger Begleiter. Das Fernweh hatte sich nun zu einer ernst zu nehmenden Krankheit ausgewachsen. Als Therapie wählte ich nach Abschluss des Diploms in BWL eine 15-monatige Reise mit meinem langjährigen Schulfreund im VW-Bulli auf dem Hippie trail über Land nach Asien, gefolgt von einem ausgedehnten Forschungsaufenthalt auf Sri Lanka. Neben der wissenschaftlichen Arbeit waren ein erster Bildband und ein Kunstreiseführer das Ergebnis. Nach dem endgültigen Abschluss des Studiums war die Panamericana das Ziel unserer Träume – gleiches Team, gleicher VW-Bus. Über zwei Jahre waren wir unterwegs von Alaska nach Feuerland. Wieder entstand ein Bildband, dem weitere folgen sollten. Die Aufträge namhafter Verlage führten nach Holland, England, in die USA und nach Mexiko. Damit waren die Weichen für meinen weiteren Berufsweg endgültig gestellt.
Wie kam es zu Ihrem ersten Reiseführer bei DuMont?
Durch Zufall auf der Buchmesse in Frankfurt. „Wollen Sie für uns Fernost machen?“ war die Frage, als ich auf der Suche nach einem neuen Verlag vorsprach – ein Sprung ins kalte Wasser, aber höchst interessante Erlebnisse und Erfahrungen in Thailand, Taiwan, Hongkong, Korea und Japan. Ein wirtschaftlicher Erfolg war es nicht, aber der Einstieg zu einer bis heute andauernden Zusammenarbeit mit dem DuMont Reiseverlag. Für den Richtig-Reisen-Band Nepal war ich zu Fuß im Himalaya unterwegs, für Tunesien mit dem Geländewagen in der Sahara. Nunmehr liegt der Fokus auf Nordindien, der mexikanischen Habinsel Yucatán und der Insel Mallorca.
Was interessiert Sie am Reiseführerschreiben?
Schon seit meinen frühesten Reisen war mir daran gelegen, Gleichgesinnte an meiner Begeisterung, meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben zu lassen, sie mit Texten und Bildern für die Schönheiten unseres Planeten empfänglich zu machen, sie zu verführen, ihren Horizont ebenfalls zu erweitern und ihnen die Ängste vor der Fremde zu nehmen. Ich sehe kein besseres Medium dafür als den Reiseführer, wobei ich den Leser zwar an die Hand nehmen, ihn aber auch motivieren möchte, eigene Weg zu gehen, eigene Entdeckungen zu machen, und diese dann als die echten Geheimtipps zu hüten.
Welche Beziehungen haben Sie zu Indien, Mexiko und Mallorca?
Sie erstrecken sich über Jahrzehnte und haben sich immer weiter vertieft. Viele Kontakte sind entstanden, die nicht nur meine Recherchen erleichterten, sondern mir auch zu einem Freundes- und Bekanntenkreis aus ganz unterschiedlichen Kulturen verhalfen. Den südasiatischen Raum bereise ich regelmäßig seit vielen Jahren, lebte dort sogar fast ein Jahr und habe mich schon dadurch intensiv mit der Region in all ihren Aspekten beschäftigt. Mexiko wiederum war eines meiner ersten Fernreiseziele, lange bevor Cancún aus dem Boden gestampft wurde. Als mir Mallorca angeboten wurde, war die Begeisterung zunächst nicht groß. Ein eingefleischter Globetrotter sollte auf die „Putzfraueninsel“? Aber bereits der erste Aufenthalt hatte mich eines Besseren belehrt. Heute gehört Mallorca zu meinen liebtesten Zielen, fast so vertraut wie der Baum vor der eigenen Haustür.
Nach welchen Kriterien wählen sie die Inhalte Ihrer Reiseführer?
Sicher, die Hauptsehenswürdigkeiten dürfen nicht fehlen. Sie sind der rote Faden. Es sind aber auch die kleinen Dinge am Rande, die weniger bekannten Ziele, denen ich auf der Spur bin. Dazu gehören abgelegene Ruinen und Strände ebenso wie zufällig entdeckte kleine Hotels, Märkte oder nette Restaurants. Sie zum „Geheimtipp“ zu stilisieren, würde ich nicht wagen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass im Augenblick der Veröffentlichung der Schleier des Geheimnisses bereits gelüftet ist. Damit müssen wir Autoren wohl alle leben. Mir geht es aber um noch mehr. Ich möchte dem Leser auch den historischen, kulturellen, religiösen und politischen, den nicht unmittelbar sichtbaren Hintergrund, vermitteln, ist er doch für mich die Basis für einen tieferen Einblick in die uns teilweise doch sehr fremden Lebensweise. Denn der Reisende sollte nicht nur mit schönen Erlebnissen und Urlaubsfotos zurückkehren, sondern auch mit Respekt, Verständnis und einem toleranten Blick auf die Kultur der anderen.
Was packen Sie in Ihren Koffer zur Recherche aufbrechen?
Unabhängig von den Zielen eine recht umfangreiche Fotoausrüstung, einen Laptop, da ich meine Handschrift zuweilen selbst nicht lesen kann, ein E-Book und iPod zur Überbrückung der oftmals langen Wartezeiten auf Busse und Bahnen und in einigen Ländern Ohropax gegen den ungewohnten Lärmpegel.
Was ist in Ihrem Koffer, wenn Sie zurückkommen?
Trotz Internet neue Informationen in Form von Büchern, Broschüren und Prospekten, neue Freundschaften, neue Eindrücke, die Gewissheit, dass mein Fernweh wohl unheilbar ist und nicht zuletzt immer wieder die Erkenntnis, ein privilegiertes Leben führen zu dürfen.
Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?
Mich meiner zweiten Leidenschaft widmen, der Fotografie, neue Pläne schmieden, neue Ziele ins Auge fassen und für eine Weile mit meiner Frau die wohltuende Ruhe der eigenen vier Wände genießen.
Ihr schönstes Erlebnis während der Recherche?
Es war auf einer mehrwöchigen Trekkingtour im indischen Himalaya. Mit zwei Trägern und einem Koch war ich auf alten Pilgerpfaden unterwegs zu den Quellen des Ganges. Wir quälten uns mühsam durch dichten Wald. Da erschien wie aus dem Nichts ein gelbgewandeter Sadhu mit nicht mehr als einer Decke, einer Umhängetasche und einem Messinggefäß als Gepäck. Er war noch jung, hatte als IT-Spezialist in Bangalore gearbeitet und dann unvermittelt einen neuen, für uns radikalen Lebensweg eingeschlagen. Im Sommer durchwandere er den Himalaya, im Winter das Tiefland von Tempel zu Tempel. Er fühle sich frei wie ein Vogel sagte er noch, ehe er leichtfüßig zwischen den Bäumen verschwand – eine Begegnung, die mich noch immer zum Nachdenken über die wichtigen Dinge im Leben anregt.
Website:
www.achimaubert.de