Reportage

KulturEffizienz oder Chaos?

Transportmittel ist nicht selten das Fahrrad ©shutterstock.com/ Matt Ragen

Das System der »Dabbawallas« erregt weltweit Aufmerksamkeit. Was hat es mit dem jahrzehntealten, traditionellen Essensauslieferungssystem Mumbais auf sich?

 

Foodora, lieferando, Mjam, Deliveroo. Insbesondere seit der Zeit der Corona Pandemie boomen Essens-Lieferdienste. Wir haben uns an die hastenden Fahrrad-& Rollerfahrer in ihrer bunten Kleidung auf den Straßen gewöhnt. Freuen uns, Sonntagabend oder auch an einem Mittwochmittag die Kochlöffel liegen lassen zu können und uns beliefern zu lassen.

In Indien, in der Region Mumbais, dem ehemaligen Bombay, ist das keine Neuheit. Hier existiert ein solches System seit über 130 Jahren. Es heißt, das System der »Dabawallas«. Übersetzt bedeutet das soviel wie „der, der die Box trägt“. »Dabba« oder auch »Tiffin« (engl.) bezeichnet dabei den mehrstufigen Essenbehälter aus Blech. Hierzulande bekannt als Henkelmann. Ein ehemals von Grubenarbeitern genutztes Geschirr.

 

Die Dabbawallas gehen täglich auf Reise Sie legen pro Tag bis zu 70km zurück. Sind häufig an ihrer weißen Kleidung erkennbar. Die Edelstahlbehälter werden auf Fahrrädern, Köpfen, Bussen, Zügen, Motorrollern, Holzkarren oder zu Fuß transportiert. In Mumbai gibt es ca. 5000 ihrer Art, sie liefern täglich um die 200.000 Essen aus. Abnehmer sind häufig Geschäftsmänner, AuftraggeberInnen die Ehefrauen, andere Familienangehörige oder geschätzte Großküchen. Erstaunlich ist: Nur etwa eine von 16 Mio. Dosen geht verloren, das Kommunikations- und Liefersystem, das aus komplexen Codes (Buchtstaben, Farben, Zahlen) besteht scheint für unsere Ohren und Augen chaosartig. In der westlichen Managemersprache könnte man es wahrscheinlich als Supply Chain management bezeichnet. Dabei sind die meisten Dabbawallas Analphabeten.Hochspezialisiert auf ihre Aufgabe. 

Es gilt als eines der effizientesten Logistik-Systeme weltweit. Es ist ein Beispiel dafür, wieviel wir von anderen Kulturen lernen können. Dass wir häufig meinen, Neues zu erfinden, "überlegen" zu sein und dabei übersehen wie auf anderen Erdteilen und unabhängig von unseren Bedürfnissen bereits geniale Methoden, Systeme und Zugänge bestehen. 

Filmtipp: »Lunchbox« (2013). Ein indischer Spielfilm, in den Hauptrollen mit Irrfan Khan & Nimrat Kaur, der vor 9 Jahren in Cannes Weltpremiere feierte.

Autorin: Lea Katharina Nagel 

 

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